Jahresbericht 2009 des Vorstandes von Globale Nachbarschaft e.V.
Der Bericht beschreibt die wesentlichen geschäftlichen Tätigkeiten des Jahres 2009, die der erweiterte Vorstand, bestehend aus Guido Hinz (Vorsitzender), Maria Büscher (stellvertretende Vorsitzende) und Frauke Klöser (Kassenführerin), im Auftrag der Mitgliederversammlung durchgeführt hat. Er wird ergänzt durch den Kassenbericht für das Jahr 2009.
Förderung von Projekten in Sobradinho – BA, Brasilien
Kindertagesstätte Gente Valente (CGV)
Wie in den Jahren zuvor hat GN der Stiftung Antonita Bandres (FAB) als dem Träger der Einrichtung 2.000€ für den laufenden Unterhalt zur Verfügung gestellt. Diese Unterstützung kam der Betreuung und Versorgung von rund 150 Kindern im Alter von 3 Monaten bis zu 10 Jahren zugute. Im Januar 2010 hat die FAB dazu eine Aufstellung aller Ausgaben vorgelegt. Aus ihr geht hervor, dass das Geld von GN die Kosten für Strom, Gas und Wasser annähernd abdeckt.
Von staatlicher Seite erhielt die Einrichtung Unterstützung für die Ernährung der Kinder. Allerdings stellte sich das in diesem Jahr schwierig dar. Aufgrund bürokratischer Hürden und der Versäumnisse der vorigen örtlichen Regierung erhielt Gente Valente in diesem Jahr kein Geld aus dem Programm der Bundesregierung, um damit selbst Einkäufe zu tätigen. Stattdessen hatten sie nur die Möglichkeit gegen einen Gutschein in einem einzigen örtlichen Geschäft einzukaufen. Dies hat die Arbeit erheblich erschwert und weitere Einkäufe auf eigene Rechnung nötig gemacht.
Die Baumaßnahme für den überdachten Innenhof (Patio) von 12 mal 12 Metern konnte im Jahr 2009 abgeschlossen werden. Den größten Teil des dazu erforderlichen Geldes hatte GN schon im Jahr davor an die FAB überwiesen. Es stellte sich danach heraus, dass an der Seite zum unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstück noch eine Regenrinne erforderlich ist. Zu deren Anfertigung und Montage gab GN einen weiteren Zuschuss in Höhe von 600€.
Bei seinem Besuch im Oktober konnte sich Guido Hinz von der nach wie vor guten Arbeit der Einrichtung und der sehr gelungenen Umsetzung der Baumaßnahme persönlich überzeugen. Der 2008 begonnene Patio ist nicht nur baulich und technisch solide errichtet, die Leitung der FAB, namentlich Marta Moreira, hat außerdem für eine kreative und kindgerechte Ausstattung mit einfachen Mitteln gesorgt. Die Kinder nutzen diesen neuen Raum begeistert zum Spielen, für Sport, als schattigen und luftigen Ruheplatz, für Aufführungen und Versammlungen.
Mit dem Patio ist nun etwa ein Drittel des bisher brachliegenden Teils des Grundstücks seiner dauerhaften Nutzung entsprechend gestaltet. Weitere wichtige Gestaltungsmaß-nahmen stehen noch aus: eine als Kinderspielplatz gestaltete Freifläche, ein Umbau der Küche zwecks besserer Belüftung und effektiverer Vorratshaltung und der Neubau von drei Gruppenräumen und einem Büro. Die beiden erstgenannten Maßnahmen, Spielplatz und Küche, möchte GN im Jahr 2010 fördern, wofür eine größere Rücklage erforderlich ist. Für das Vorhaben liegt allerdings noch keine genauere Kostenschätzung vor. Ein eventuell verbleibender Teil der Mittel soll danach der Errichtung der Gruppenräume und des Büros dienen.
Jugendheim Casa Antonita
Das Tages- bzw. Jugendheim für Mädchen, „Casa das Adolescentes Antonita“ (CAA), betreute 2009 etwa 30 Mädchen im Alter von 10 bis 17 Jahren. GN unterstützte die von der FAB getragene Einrichtung weiterhin bei den allgemeinen Kosten mit 600€ und beim Unterhalt des Computerraumes einschließlich Internet-Anschluss ebenfalls mit 600€. Zu den allgemeinen Kosten gehörten insbesondere der Anstrich einiger Teile des Hauses, Kleidung der Mädchen, Wasser und Materialien für Handarbeiten. Der Computerraum diente der Schulung der Mädchen für grundlegende Anwendungsprogramme, der Kommunikation beider Einrichtungen der FAB mit öffentlichen Stellen und der Kommunikation mit Partnern, insbesondere GN.
Die Verbindung zum Internet machte allerdings einige Schwierigkeiten. Schon 2008 brachte die Funkverbindung zum einzigen Anbieter in Sobradinho nur eine mäßige Übertragungs-geschwindigkeit und immer wieder Ausfallzeiten. Die Sendeeinrichtung, basierend auf einfacher WLAN-Technik, befindet sich am anderen Ende des Stadtteils. Ab Juni 2009 fiel die Verbindung für die CAA ganz aus, was wohl auf geringfügige Änderungen an den Antennen des Anbieters zurückzuführen ist. Das Funksignal war von da an so schwach, dass eine Verbindung nur noch in Ausnahmefällen zustande kam, bei mehreren Minuten Dauer für den Aufbau einzelner Seiten aus dem Web. Gespräche mit dem Betreiber und dessen Versuche, die Anlage neu zu justieren, brachten keine Verbesserung.
So nahm die FAB den Aufenthalt von Guido Hinz in Sobradinho im Oktober zum Anlass, zu einem anderen Internet-Anbieter in Juazeiro zu wechseln, der ein Signal über UMTS-Technik anbietet. Das Signal ist in Sobradinho zu empfangen. Die monatliche Gebühr für den neuen Anschluss fällt sogar geringer aus als die bisherige. Der Umstieg erforderte allerdings Investitionen in ein neues Modem und eine zusätzliche Antenne. Letztere konnte GN nur in Deutschland beschaffen und per Post an die FAB schicken. Inzwischen ist die Installation von Modem und Antenne erfolgreich abgeschlossen. Die Kosten des Modems und der ersten Monatsraten des neuen Anschlusses wurden erst Anfang Januar 2010 abgerechnet, da sie aus bürokratischen Gründen in Brasilien nicht direkt durch die FAB, sondern nur privat bezahlt werden konnten. Dazu ist eine Rücklage von 160 Euro vorgesehen.
Im Rahmen der Fahrt von Schülerinnen des Einhard-Gymnasiums haben die Teilnehmer zusammen mit Mädchen und Betreuern der CAA auf dem bisher brachliegenden Grundstück einen Gemüsegarten angelegt und Obstbäume gepflanzt.
Etwa die Hälfte der Förderung für die CAA entfiel in diesem Jahr auf die Verpflegung der Mädchen. Abgesehen von unregelmäßig eintreffenden Naturalien über ein Bundesprogramm – vor allem Fisch, Maniok und Marmelade – erhält die Einrichtung keine staatliche Unterstützung. Die einzige andere Quelle zur Finanzierung der Verpflegung sind die gelegentlichen Spenden einer Gruppe aus Frauenstein. Die Einrichtung wird daher weiterhin auf unsere Unterstützung zur Verpflegung der Mädchen angewiesen sein, auch wenn im kommenden Jahr der angelegte Garten einen kleinen eigenen Beitrag erwirtschaftet.
Bürgerradio São Francisco, ACCS
Das Ende 2007 eingeleitete Gerichtsverfahren, in dem der Verein für gemeinschaftliche Kommunikation (ACCS, „Associação para Comunicação Comunitária Sobradinho) versucht, die Sendegenehmigung beim Ministerium für Kommunikation einzuklagen, ist nach wie vor nicht abgeschlossen. Die Perspektive ist ungewiss, weitere Kosten entstanden aber nicht.
Digitales Bürgerzentrum, ACCS
Seit Oktober 2008 ist ACCS dabei ein „Digitales Bürgerzentrum“ („Centro Digital de Cidadania“, CDC) einzurichten. Es handelt sich dabei um einen öffentlich und kostenlos zugänglichen Computerraum mit zehn Arbeitsplätzen und Internetanschluss. Zielgruppe sind vor allem Schülerinnen und Schüler, generell aber alle Einwohner mit geringem Einkommen und daher ohne eigenen Zugang zu Computern oder dem Internet. Die IT-Ausstattung und Wartung solcher Zentren wird durch das Programm „Inclusão Sócio-Digital“ („Einbeziehung in die digitale Gesellschaft“) der Regierungen in Salvador und Brasilia finanziert.
Als eigenen Beitrag hat ACCS die Räumlichkeiten gemäß den Vorschriften der Regierung hergerichtet und stellt einen festen Betreuer für zwei Jahre sowie Elektrizität und Internetanschluss. Mit unserer Unterstützung von 2008 und einem Beitrag der Staudammgesellschaft CHESF hatte ACCS den Raum bis Anfang 2009 fast fertiggestellt. Da der Aufwand für Elektroinstallationen und die Sicherung gegen Einbruch größer war als geschätzt, benötigte ACCS für den Betrieb der ersten sechs Monate noch weitere Gelder. Dazu stellte GN im April 1.300€ zur Verfügung.
Ab September 2009 gelang ACCS ein Abkommen mit der Präfektur (Kommunalverwaltung), sodass diese bis auf Weiteres die Kosten für den Betreuer, Strom und Wasser übernimmt. Davon ausgenommen blieb der Anschluss an das Internet, den ursprünglich die CHESF stellen wollte. Leider war bei den Gesprächen von Guido Hinz mit dem Direktorium von ACCS im Oktober überhaupt nicht absehbar, ob und wann die CHESF ihre Zusage umsetzt.
Insofern bat ACCS um Finanzierung des Internetanschlusses für ein Jahr. GN gewährte dafür im Dezember 750 Euro. Die Überweisung des Geldes gestaltete sich wegen neuer Vorschriften der brasilianischen Zentralbank aber schwierig. Die erste Überweisung schlug fehl, da von einer juristischen Person aus dem Ausland grundsätzlich kein Geld mehr an natürliche Personen in Brasilien überwiesen werden darf. Da ACCS aus Kostengründen über kein eigenes Konto mehr verfügt, war dies aber notwendig. Es kostete mehrfach Gebühren, das Geld aus Brasilien zurückzufordern und dann den Betrag über das Privatkonto von Guido Hinz zu überweisen. Ein Teil dieser Kosten wird erst im Jahr 2010 verbucht.
Die verbleibende Rücklage für das Radioprojekt ist zur Deckung etwaiger Anwaltskosten im Rechtsstreit um die Sendegenehmigung sowie für den Internetanschluss des Computer-Zentrums vorgesehen. Sofern der Radio-Sender seinen Betrieb aufnehmen kann, fließen die verbliebenen Mittel in dessen Ausstattung.
Projekt der gemeinschaftlichen Aktion Sobradinho (PACS)
Nach der erstmaligen Unterstützung dieser Tageseinrichtung für Kinder und Jugendliche im Jahr 2008 hat GN 2009 erneut einen Zuschuss von 1.000€ gegeben. Diesen hat der Vorstand von PACS auf die Zwecke Ernährung, Strom, Wasser, Sportgeräte und Material für kunsthandwerkliche Arbeiten aufgeteilt. Auf die Ernährung entfiel dabei gut die Hälfte der Mittel. Bis Oktober war das Geld jedoch aufgebraucht. Aufgrund des überaus positiven Eindrucks von der Arbeit der Einrichtung bei seinem Besuch im Oktober übergab Guido Hinz in Absprache mit den anderen Vorstandsmitgliedern von GN weitere 200€ persönlich an das Direktorium von PACS. Aus organisatorischen Gründen wird dieses Geld bei GN erst im Jahr 2010 verbucht.
Gegenüber 2008 ist es PACS gelungen, seine Angebote für die Kinder deutlich zu erweitern, nicht zuletzt dank der Hilfe von GN. Statt vorher an drei Tagen in der Woche konnte die Einrichtung ab März 2009 an fünf Tagen öffnen. Bis zu 200 Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 17 Jahren aus den ärmsten Vierteln der Stadt kommen in zwei Gruppen, vormittags und nachmittags, auf das Gelände von PACS. Sie erhalten dort Hilfe für die Hausaufgaben, Sport unter Anleitung und Kurse in Handarbeiten und Kunsthandwerk. Außerdem bereiten die ehrenamtlichen Helfer für jede Gruppe eine kleine Mahlzeit, die sie mit den Mitteln von GN, mit Naturalien von Projekten mit Bundesförderung und mit kleineren Beiträgen bestreiten. Die Anfang 2009 neu angetretene kommunale Regierung von Sobradinho hat die personelle Unterstützung für PACS aufgestockt. Aus den zwei Viertelstellen im Jahr zuvor wurden nun immerhin fünf Teilzeitkräfte, die zusammen mit ehrenamtlichen Helfern die Betreuung der Kinder leisten. Materielle Unterstützung von der Präfektur erhält PACS aber nach wie vor nicht.
Landwirtschaftliche Familienschule (EFA) in Garrafão – ES, Brasilien
Die personelle Situation der Schule ist weiterhin angespannt, sodass neue Projekte und Maßnahmen neben dem laufenden Schulbetrieb nur langsam vorankommen. Dement-sprechend ist auch die Korrespondenz nur in größeren Abständen zu leisten. Wie bereits im Jahr 2008 anvisiert, besteht der größte Bedarf bei der Ausstattung der Schule und insbesondere bei der Sanierung von Teilen des Gebäudes. Die Planung zur anstehenden Erneuerung der gesamten elektrischen Installation der Schule ist noch nicht weit genug fortgeschritten, um die Maßnahme noch im Jahr 2009 durchzuführen. Abgesehen davon reichen die bisher gesammelten Spenden noch nicht, um die absehbaren Kosten von über 5.000€ damit zu decken. Wir rechnen damit, dass die Planung bis Ende 2010 Aufschluss über die genaueren Kosten geben wird und wir dann mit dem Partner einen Zeitpunkt für die Umsetzung ins Auge fassen können. Die bisher gebildeten Rücklagen dienen dem Vorhaben der Elektroinstallation und müssen im Laufe der nächsten beiden Jahre wahrscheinlich noch weiter aufgestockt werden, um die erforderliche Summe aufzubringen.
Öffentlichkeits- und Vereinsarbeit in Deutschland
Im März fand in Bonn die Hauptversammlung mit der Wiederwahl des Vorstands und den Planungen für die Projekte statt. Das Begegnungswochenende für die Mitglieder fand im November in Aachen statt. Statt eines zweiten Wochenendes veranstaltete GN im Juni einen Informationstag in Niederbachem. Im August trafen sich sieben Mitglieder für einige Tage in Veere (NL) und vertieften dabei den Kontakt und die Zusammenarbeit mit der dortigen „Stichting Ontwikkelingssamenwerking“, die GN seit vielen Jahren bei verschiedenen Projekten unterstützt. In den übrigen Monaten fanden kleinere Vereinstreffen an Sonntagen oder an Freitag Abenden statt. Im Rahmen einer Fahrt mit Schülerinnen des Einhard-Gymnasiums Aachen im Oktober besuchten Guido Hinz und Jaap Evertse für GN die Projekte und Partner in Sobradinho. Während des Aufenthaltes von 16 Tagen erhielten sie ein umfassendes Bild der Arbeit in den Einrichtungen und konnten mit den Partnern viele Gespräche führen. Mitglieder des Vereins setzten die Solidaritätsaktionen in der katholischen Gemeinde Forsbach-Hoffnungstal, am Einhard-Gymnasium in Aachen und an der Viktoria-schule in Aachen fort.
im Original gez. Guido Hinz, Vorsitzender Bonn, den 07. März 2010