Jahresbericht Vorstand 2008

Jahresbericht 2008 des Vorstandes von Globale Nachbarschaft e.V.

Der Bericht beschreibt die wesentlichen geschäftlichen Tätigkeiten des Jahres 2008, die der erweiterte Vorstand, bestehend aus Guido Hinz (Vorsitzender), Maria Büscher (stellvertretende Vorsitzende) und Frauke Klöser (Kassenführerin), im Auftrag der Mitgliederversammlung ausgeführt hat. Er ergänzt sich mit dem Kassenbericht für das Jahr 2008.

Förderung von Projekten in Sobradinho – BA, Brasilien

Kindertagesstätte Gente Valente

Die Stiftung Antonita Bandres (FAB), der Träger der Einrichtung „Centro Educacional Infantil Gente Valente“ (CGV, wörtlich: „Zentrum der Kindererziehung Gente Valente“), hat wie im Jahr zuvor die Mittel für den laufenden Unterhalt (2.000 €) sehr effektiv eingesetzt und über die gesamten Ausgaben eine detaillierte Aufstellung vorgelegt. Durch zahlreiche Briefe und Bilder, insbesondere aber durch den Besuch von Guido und Viola Hinz vor Ort im Juli 2008 konnten wir uns von der Qualität der geleisteten Arbeit überzeugen. CGV betreut weiterhin 140 Kinder im Alter von 3 Monaten bis zu 10 Jahren, meist ganztägig, bei den Schulkindern halbtags.

Das Geld von GN diente vor allem der Bezahlung von Strom, Gas (Kochen), Medikamenten, Wasser und Telefon. Es spricht alles dafür, diese Form der Unterstützung wie vorgesehen im Jahr 2009 fortzusetzen, wofür der Vorstand die Rücklage in Höhe von 474,59 € vorsieht.

Das 2007 beschlossene Bauvorhaben für einen neuen überdachten Aufenthalts- und Sportbereich (Patio) im CGV konnte im Juli 2008 beginnen. Für das Baumaterial stellte GN noch im Juli einen ersten Teilbetrag von 4.000 € zur Verfügung. Große Schwierigkeiten bereitete die Kooperation der FAB mit der Kommunalverwaltung (Präfektur). Im Februar 2008 hatte der Bürgermeister in einer schriftlichen Vereinbarung mit der FAB die Bereitstellung der Handwerker für den Bau zugesichert. Aufgrund allgemeiner Misswirtschaft in der örtlichen Verwaltung, durch welche insbesondere die Bezahlung fast aller städtischen Mitarbeiter über mehrere Monate unterblieb, konnten die Arbeiten erst so spät beginnen. Nach mehreren Unterbrechungen wegen weiterhin fehlender Bezahlung der Handwerker mussten die Bauarbeiten im Oktober bis auf Weiteres eingestellt werden. Bis dahin war erst ein Teil der tragenden Stahlbetonsäulen für die Dachkonstruktion errichtet. Für den Betrieb des CGV ist der Innenhof wegen der Baustelle nun gar nicht mehr nutzbar, was die Abläufe in der Betreuung der Kinder erheblich beeinträchtigt. Mit dem bis Dezember amtierenden Bürgermeister bestand keine Aussicht auf Fortführung der Arbeiten. Im Oktober wurde jedoch ein neuer Bürgermeister gewählt, der Mitte Januar 2009 sein Amt antreten wird. Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass dieser seiner Verantwortung besser gerecht wird als der bisherige und er dem CGV die zugesagte Unterstützung zukommen lässt. Damit die Materialien für die Dachkonstruktion noch im Januar beschafft und für die erwartete Wiederaufnahme der Bauarbeiten bereit gestellt werden können, hat GN noch im Dezember einen zweiten Teilbetrag in Höhe von 4.000 € überwiesen, der von der SOV (Stiftung für Entwicklungszusammenarbeit Veere, NL) zur Verfügung gestellt wurde.

Für 2009 ist zu erwarten, dass GN zur Fertigstellung des Patio noch einen weiteren kleineren Teilbetrag zur Verfügung stellen muss. Der nächste Bauabschnitt, entweder die Gruppenräume für die Hortkinder oder der kleine Spielplatz, wird im Laufe des Jahres genauer geplant und kann voraussichtlich Anfang 2010 beginnen.

Sozialzentrum Casa Antonita

Wie in den Jahren zuvor förderte GN das Tagesheim „Casa de Adolescentes Anto­nita“ (CAA, „Haus der Jugendlichen Antonita“) für Mädchen im Alter von 10 bis 17 Jahren. Das Geld diente dem Betrieb eines Computerraumes zur Aus- und Fortbildung der Mädchen (600 €), sowie für laufende Kosten der Einrichtung und den Kauf von handwerklichen Materialien (1.100 €). Im Unterschied zu den Jahren zuvor entstanden 2008 keine Kosten für die Leitung der Computerkurse, da nun die Mitarbeiterinnen und einige ältere Mädchen diese selbst durchführten. Im Juli konnte Guido Hinz die Mitarbeiterinnen bei der Wartung des Computersystems, das aus fünf vernetzten Computern besteht, unterstützen und die Kenntnisse der Multiplikatoren in einigen Trainingseinheiten vertiefen.

Zunehmend schwierig wurde für die CAA die Finanzierung des Essens. Die Mädchen erhalten je zwei Mahlzeiten am Tag, eine kleinere und eine größere. Gerade für die heranwachsenden Mädchen ist dies eine wichtige Ergänzung der oft unzureichenden häuslichen Ernährung und eine zusätzliche Motivation die Bildungsangebote der CAA wahrzunehmen. Die steigenden Preise der Lebensmittel und die rückläufige Hilfe anderer Unterstützer gefährdeten diesen Teil der Versorgung, so dass GN einen besonderen Zuschuss für die Verpflegung der Mädchen in Höhe von 1.000 € gewährte.

Im Jahr 2009 sollte GN die Hilfe möglichst in allen drei Bereichen – Computer, Unterhalt und Ernährung – fortführen, wofür der Vorstand eine Rücklage von 474,60 € vorsieht.

Bürgerradio São Francisco, ACCS

Das Ende 2007 eingeleitete Gerichtsverfahren, in dem der Verein für gemeinschaftliche Kommunikation (ACCS, „Associação para Comunicação Comunitária Sobradinho) versucht, die Sendegenehmigung beim Ministerium für Kommunikation einzuklagen, kam bis Ende 2008 noch nicht zum Abschluss. Nach der Entgegnung von Seiten der Behörde (Ministerium für Kommunikation; ANATEL) musste ACCS im Oktober erneut einen Rechtsanwalt beauftragen, eine weitere Darstellung ihrer Argumente, Belege und Forderungen zu verfassen. GN wird die anfallenden Anwaltskosten in Höhe von ca. 400 € übernehmen und voraussichtlich Anfang 2009 überweisen.

Digitales Bürgerzentrum, ACCS

ACCS hat bisher als Schwerpunkt seiner Aktivität zwar den Aufbau eines Radiosenders, seine Satzung umfasst aber auch die gemeinschaftsfördernde Kommunikation in anderer Form. Da der Stillstand beim Radio noch nicht überwunden ist, nahm der Verein Anfang 2008 ein weiteres Projekt in Angriff und bat GN im Mai um Unterstützung.

Es handelt sich um die Einrichtung eines „Digitales Bürgerzentrums“ („Centro Digital de Cidadania“, CDC) in Form eines öffentlich und kostenlos zugänglichen Computerraums mit zehn Arbeitsplätzen und Internetanschluss. Dieser befindet sich im Stadtteil São Francisco in den Räumen, die auch für den Betrieb des Radio-Senders vorgesehen sind. Zielgruppe sind vor allem Schülerinnen und Schüler, generell aber alle Einwohner ohne eigenen Zugang zu Computern. Die Nutzung unterliegt strikten Regeln, insbesondere bezogen auf das Internet. Die Ausstattung und Organisation solcher Zentren wird durch das Programm „Inclusão Sócio-Digital“ („Einbeziehung in die digitale Gesellschaft“) der Regierungen in Salvador und Brasilia finanziert und im Rahmen von Schulungsmaßnahmen unterstützt. ACCS hat als Bewerber für die Region Sobradinho den Zuschlag erhalten.

Der Beitrag des Vereins besteht darin, die Räumlichkeiten sowie einen festen Betreuer für zwei Jahre zu stellen und den Betrieb des Zentrums zu organisieren. Für einen Teil dieser Zeit strebt ACCS eine finanzielle Unterstützung durch den örtlichen Bürgermeister an. Im Jahr 2008 war dies jedoch noch nicht möglich, da die kommunale Verwaltung wie bereits erwähnt im Chaos versunken ist. Daher bat ACCS um die Finanzierung des Betreuers, der Internet-Gebühren und der Stromkosten für die ersten sechs Monate. GN hat dafür 1.500 € zur Verfügung gestellt.

Während seines Aufenthaltes in Sobradinho hat Guido Hinz das Projekt mit der Vorsitzenden von ACCS, Renalice da Silva, sowie mit weiteren Mitgliedern und dem vorgesehenen Betreuer ausführlich besprochen. Neben den organisatorischen Rahmenbedingungen sieht ACCS auch eine intensive inhaltliche Gestaltung und Begleitung für die jugendlichen Nutzer vor. Das Zentrum wurde im Dezember 2008 fertig eingerichtet und konnte seinen Betrieb mittlerweile aufnehmen. Im Frühjahr 2009 ist damit zu rechnen, dass GN zur Deckung der Kosten für die ersten sechs Monate noch einen kleineren Betrag überweisen wird.

Die verbleibende Rücklage für das Radioprojekt wird 2009 zur Deckung der Anwaltskosten im Rechtsstreit um die Sendegenehmigung dienen, sowie zum Betrieb des Computer-Zentrums. Sofern der Radio-Sender seinen Betrieb aufnehmen kann, fließen die verbliebenen Mittel in dessen Ausstattung.

Projekt der gemeinschaftlichen Aktion Sobradinho (PACS)

Das Projekt zur Unterstützung von Familien durch Kinderbetreuung, Jugendarbeit, Bildung, Verbesserung der häuslichen Verhältnisse und einen gemeinschaftlichen Garten wurde vor 18 Jahren von der Organisation „World Vision“ gegründet. Das große Gelände mit mehreren Gebäuden liegt am Rand der Vila São Joaquim. Die Einrichtung arbeitete mit fünf hauptamtlichen Mitarbeitern und erfasste bis zu 2000 Familien. Nach mehrfacher Verlängerung beendete World Vision vor drei Jahren die Förderung und übergab die gesamte Einrichtung dem Verein der Familien. Eine engagierte Gruppe aus diesem Verein erhält seitdem unter schwierigen Bedingungen die Kinder- und Jugendbetreuung (ca. 100 Kinder) und den Garten aufrecht. Die Stadtverwaltung, die eigentlich das Projekt hätte übernehmen können, bietet nur eine minimale Unterstützung in Form einer halben Arbeitskraft für die pädagogische Betreuung.

Guido und Viola Hinz haben das Projekt im Juli 2008 mehrfach besichtigt und ausführliche Gespräche mit dem Vorstand des Vereins geführt. Die Organisation der rein ehrenamtlich tätigen Gruppe ist vorbildlich. Mit sehr wenigen Mitteln schaffen sie es, an drei Tagen in der Woche die Einrichtung zu öffnen. GN stellte 2008 einen Betrag von 1.000 € zur Verfügung. Dieses Geld setzte PACS etwa zur Hälfte für die Ernährung der Kinder ein und zur Hälfte für Sport-Ausstattung, Werk-Material, Strom und Transport. Die regelmäßige Korrespondenz mit dem Vorstand läuft seit August über ein bis zwei E-Mails pro Monat.

Landwirtschaftliche Familienschule (EFA) in Garrafão – ES, Brasilien

Die frühere Leiterin der Schule, Leonora Boone-Sassembourg, konnte ihre Rückversetzung an die EFA durch ihren Dienstherrn, den Bundesstaat Espírito Santo, bisher leider nicht erwirken, ist aber nun als Mitglied im Vorstand des Trägervereins APEAEFA tätig. Indessen hat die langjährige Lehrerin Eleninha Schulz Peixoto die Leitung der Schule übernommen und steht ebenfalls mit GN in Kontakt. Ende Juli 2008 konnte Viola Hinz als Mitglied von GN die Schule und ihr näheres Umfeld für fünf Tage besuchen und gewann einen umfassenden Eindruck von deren aktueller Arbeit. Die Schule hat nach wie vor sehr großen Zulauf durch Schüler aus dem ländlichen Umfeld und betreibt neben der Grundschule für die Schuljahre fünf bis acht sehr erfolgreich die dreijährige Mittelschule mit der speziellen beruflichen Ausrichtung auf ökologischen Landbau. Die Landwirtschaft der Schule auf dem eigenen Gelände läuft hervorragend.

Der größte Bedarf an Unterstützung besteht zur Zeit bei der Ausstattung der Schule selbst und insbesondere bei der Sanierung von Teilen des Gebäudes. Die Mitarbeiter der EFA benannten als erste Priorität den Kopierer für didaktisches Material und das Sekretariat, der dringend ersetzt werden musste, da er sich mittlerweile deutlich mehr Zeit in Reparatur befand als in Funktion. GN unterstützte daher die Anschaffung eines neuen Kopierers und eine Ergänzung der Ausstattung für die Küche. Der Betrag von 1.500 € konnte der Schule im November 2008 zur Verfügung gestellt werden.

Für 2009 steht insbesondere eine Erneuerung der gesamten elektrischen Installation der Schule an. Dazu möchte GN einen größeren Beitrag leisten und bestehende Rücklagen verwenden.

Öffentlichkeits- und Vereinsarbeit in Deutschland

Es fanden zwei ganztägige Mitgliederversammlungen statt, im März und im August, sowie zwei Vereins-Wochenenden mit den thematischen Schwerpunkten „Soziale Modelle für die Zukunft“ und „Globale Finanzkrise“. Im Januar und April trafen sich Mitglieder zu ganztägigen Arbeitstreffen, bei denen sie die Web-Seiten des Vereins komplett überarbeiteten und in eine neue Form brachten. Ferner fanden sechs kleinere Vereinstreffen statt, bei denen über aktuelle Entwicklungen in den Projekten und im Verein berichtet und diskutiert wurde.

Mitglieder des Vereins haben Solidaritäts-Aktionen und Informationsveranstaltungen in der katholischen Gemeinde Forsbach-Hoffnungstal, Am Einhard-Gymnasium in Aachen und an der Viktoriaschule in Aachen organisiert.

im Original gez. Guido Hinz, Vorsitzender     Bonn, den 01. März 2009