Jahresbericht 2003 des Vorstandes von Globale Nachbarschaft e.V.
Förderung der Entwicklungshilfe durch Projekte in Entwicklungsländern
Projektbesuch in Brasilien
Höhepunkt der Projektzusammenarbeit im Jahr 2003 war die Fahrt von Anna Wienhard, Jaap Evertse und Guido Hinz nach Sobradinho (Bahia) und Garrafao (Espŕito Santo) in der Zeit vom 8. bis 26. August. Ziele der Fahrt waren die Besichtigung durchgeführter und im Aufbau befindlicher Projekte, ausführliche Beratungen mit unseren Partnern sowie das bessere gegenseitige Kennenlernen, außerdem die Information über allgemeine Entwicklungen vor Ort und die Anbahnung neuer Kontakte und Projektvorhaben. Der Besuch begann in Sobradinho, Anna Wienhard war dann ab dem 15.8. in Garrafao, Jaap Evertse und Guido Hinz folgten dorthin am 19.8. Auf diese Weise war uns an jedem Ort eine Präsenz von etwa 10 Tagen möglich.
Sobradinho
Ein wesentlicher Teil des Programms bildeten die Zusammenkünfte und Beratungen mit unseren wichtigsten Partnern: ACCS (Verein für gemeinschaftliche Kommunikation in Sobradinho), FAB (Stiftung Antonita Bandres) und die katholische Gemeinde von Sobradinho, vertreten durch Padre Joao und die im Ort ansässigen Ordensschwestern der Töchter Jesu. Auf die Zusammenarbeit mit ACCS und FAB gehen die Beiträge weiter unten noch ausführlich ein. Ein interessanter Ansatz für eine zukünftige Zusammenarbeit ergab sich aus verschiedenen Gesprächen über Bienenzucht und die Produktion von Honig in der Caatinga. Auch hierzu folgt ein eigener Beitrag. Daneben gab es eine Vielzahl von Kontakten und Besichtigungen, von denen hier nur einige erwähnt werden können. Näheres ist dem Fahrtbericht an die Mitgliederversammlung vom September 2003 zu entnehmen.
Ein besonderer Schwerpunkt der Fahrt war zukunftsweisenden Aktivitäten zur Bereicherung und Veredelung kleinbäuerlicher Produktion gewidmet. Die GN-Gruppe besuchte verschiedene Dorfgemeinschaften in der Region, von denen
- eine die native Caatinga-Frucht Umbú zu Marmelade und anderen Produkten weiterverarbeitet und diese gemeinsam mit weiteren Gemeinschaften in einer Kooperative vermarktet,
- eine die Knollen der Maniokpflanze durch ein besonderes Trocknungsverfahren zu hochwertigem Tierfutter für die Trockenzeit verarbeitet und
- eine weitere den Bau und die Nutzung von Zisternen zur Trinkwassergewinnung aus Regenwasser betreibt.
Weitere Besuche in der unmittelbaren Umgebung von Sobradinho galten einer neuen Ansiedlung von früheren Landlosen und einer uns seit langem bekannten Frauenvereinigung, die beide in der Nähe des Flusses bewässerte Landwirtschaft mit Elementen gemeinschaftlicher Produktion und Vermarktung verbinden. Auch eine Kooperative zur Verarbeitung von Fleisch und Fisch durch Räuchern demonstrierte uns ihre Arbeit. Alle diese Ansätze sind geeignet, etwas zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Region beizutragen und gaben uns viele Anregungen für mögliche zukünftige Maßnahmen. Bisher ist daraus aber noch kein greifbarer Ansatz zur Zusammenarbeit erwachsen.
Außer den landwirtschaftlich orientierten Projekten besuchten wir auch verschiedene soziale Einrichtungen in Sobradinho, insbesondere solche, die von der katholischen Gemeinde angestoßen wurden oder bis heute von ihr getragen werden. Besonders hervorzuheben ist die Pastoralarbeit für Kinder, deren vordringliches Anliegen die Vorsorge und Hilfe bei Kleinkindern zur Verringerung der Sterblichkeit und Verbesserung der allgemeinen Gesundheit ist. Dazu zählt natürlich auch die Beratung der Mütter. Hier ist mit großem ehrenamtlichen Engagement beachtliches erreicht worden. Eine Unterstützung unsererseits für die Pastoralarbeit zugunsten von Frauen und Kindern ist mittelfristig sehr bedenkenswert.
Ein Besuch in der Landwirtschaftlichen Familienschule (EFAS) diente vor allem dem Austausch über die mögliche Zusammenarbeit der Schule mit anderen von uns geförderten sozialen Projekten, insbesondere dem Bürgerradio. Leider haben die Gespräche keine greifbaren Ergebnisse gebracht.
Besuch in Garrafao
Neben den Planungen und Besichtigungen verschiedener Vorhaben im Bereich des ökologischen Landbaus, die im unten folgenden Beitrag ausführlich dargestellt werden, diente der Besuch besonders dem gegenseitigen Kennenlernen. Einigen Mitgliedern von GN waren der Pfarrer Siegmund Berger, zugleich Leiter der EFA, und die stellvertretende Leiterin, Leonora Boone Sassemburg, bereits seit vielen Jahren persönlich bekannt. Die meisten übrigen Mitarbeiter, sowie den Vorstand und weitere Mitglieder unseres Partners APEAEFA (Trägerverein der Landwirtschaftlichen Familienschule) lernten wir erst jetzt näher kennen und hatten Gelegenheit, unsere Organisationen gegenseitig vorzustellen. Insbesondere wurde das vorher geschlossene generelle Abkommen zur Zusammenarbeit von GN und APEAEFA nun in einem offiziellen Rahmen und im Beisein wichtiger politischer Repräsentanten bekräftigt.
Bei Besuchen und Gesprächen mit Politikern, Produzenten, einer Organisation zur Zertifizierung und in der Hochschule der Kreisstadt Santa Maria gewannen wir den Eindruck, dass viele Menschen der Region zunehmend auf ökologischen Anbau setzen und diesbezüglich ein großes Entwicklungspotenzial vorhanden ist. Die Aktivitäten der EFA für den organischen Anbau und unsere Unterstützung dafür fallen hier im doppelten Wortsinn auf sehr fruchtbaren Boden.
Sobradinho, Brasilien
Das Projekt Bürgerradio Sao Francisco FM
Wie schon im Jahr 2002 so war auch Anfang 2003 die Arbeit unseres Partners ACCS durch das Warten auf die Konzession für den Sender aus Brasilia überschattet. Die Hoffnung, dass mit dem Antritt der neuen Regierung unter Präsident Lula das Verfahren beschleunigt würde, erfüllte sich während der ersten drei Monate nicht. Ende März reiste Paulo Ferreira nach Brasilia, um mit Unterstützung des Bundesabgeordneten Bassuma (PT) bei der Behörde ANATEL vorzusprechen und mit Nachdruck um die Erteilung der Konzession zu bitten.
Schwierigkeiten mit dem Telefonanschluss von Paulo Ferreira führten dazu, dass die ansonsten regelmäßige Korrespondenz in den Monaten April bis Juni ausfiel. Mehrere E-Mails an Paulo aus dieser Zeit blieben unbeantwortet.
Schließlich konnte Paulo den Kontakt erst Anfang Juli wieder aufnehmen, allerdings mit einer sehr unangenehmen Neuigkeit: Die ANATEL hatte ACCS in einem offiziellen Schreiben aufgefordert, sich mit der „Stiftung Sao Joaquim“ aus Sobradinho bzgl. der Sende-Konzession zu einigen und eine entsprechende Erklärung an die Behörde zu schicken. Offenbar hatte diese Organisation sich gleichzeitig mit ACCS um die Konzession beworben, wovon Paulo Ferreira aber erst jetzt erfuhr. Nach seiner Darstellung handelt es sich um eine vom derzeitigen Präfekten Sobradinhos eingerichtete Stiftung, die von engen Mitarbeitern des Präfekten geführt wird und der Beschaffung staatlicher Gelder für verschiedene Vorhaben der Kommune diente. In sehr knappen Worten äußerte Paulo, dass er bei der Behörde beantragt habe, ACCS den Vorrang bei der Erteilung der Konzession zu geben. Viele Fragen blieben für uns offen.
Die Fahrt einer Vereinsdelegation nach Sobradinho im August 2003 und deren Gespräche mit dem Vorstand von ACCS brachten mehr Klarheit über die Konkurrenzsituation der beiden Bewerber und die weiteren Aussichten. Die besagte „Stiftung Sao Joaquim“ hatte gleichzeitig mit ACCS vor etwa sechs Jahren schon versucht, einen lokalen Radiosender in Sobradinho zu betreiben. Während ACCS aber wegen der Illegalität aufgrund einer neuen Gesetzeslage den Sendebetrieb einstellte, blieb die „Sao Joaquim“ auf Sendung, bis schließlich die Polizei den Sender stilllegte und die Ausrüstung beschlagnahmte. Die Zusammenhänge erfuhren wir vom ACCS-Vorstand jedoch erst in einem späteren Gespräch. Offenbar bestanden während der ersten Gespräche auf Seiten von ACCS Befürchtungen, die Konkurrenzsituation könnte die Zusammenarbeit mit GN beeinträchtigen. Dementsprechend waren unsere Partner mit Informationen eher zurückhalten. Wir haben später unseren Partnern gegenüber deutlich gemacht, dass wir uns für die Zusammenarbeit größtmögliche Offenheit wünschen und die Weitergabe aller relevanten Informationen für das Vertrauensverhältnis wichtig ist, gerade bei negativen Punkten.
Die Gespräche, die Paulo mit dem Vorstand des Mitbewerbers im Mai und Juni führte, waren ohne Ergebnis geblieben, so dass nun das Ministerium für Kommunikation darüber zu entscheiden hatte, welcher Bewerber die Konzession erhält. Der Vorstand rechnete fest damit, den Zuschlag zu erhalten, da ihrer Ansicht nach der Konkurrent die Kriterien der politischen Unabhängigkeit und einer breiten Akzeptanz in der Bevölkerung nicht erfüllt.
Indessen gingen die Vorbereitungen für den Aufbau des Senders weiter. Der Vorstand von ACCS führte uns durch die künftigen Studioräume und Paulo zeigte uns den für die Aufstellung vorbereiteten Sendeturm. Das 2002 von GN überwiesene Geld hat ACCS für Ausgaben im Rahmen des Genehmigungsverfahrens und vor allem für den Kauf eines Turms von 17 Metern Höhe eingesetzt. Die restlichen 13 Meter wurden mit Hilfe der CHESF gebaut, wobei die Materialkosten dafür noch nicht ganz beglichen waren.
Am 25. Oktober erhielten wir schließlich von Paulo die gute Nachricht, dass das Ministerium die Konzession an ACCS vergeben will. Die Freude war bei allen Beteiligten groß. Nun konnte ACCS den nächsten Schritt in Angriff nehmen: Eine technische Beschreibung der Sende-Anlage und des Studios mit fachmännischer Begutachtung musste an die ANATEL eingereicht werden. ACCS bat GN um einen weiteren Teilbetrag der zugesagten Projektmittel, um damit die Auslagen für die Fertigstellung des Turms und für die Ausarbeitung der einzureichenden Dokumente zu bezahlen. Ende November rechnete Paulo damit, dass es sich nur noch um Tage handeln könne, bis die Konzession offiziell erteilt würde. Es ging nur noch um die Prüfung der eingereichten technischen Beschreibung.
Auf der Grundlage des Beschlusses der MV vom 01.11.2003 veranlasste der Vorstand von GN am 11.12.2003 die Überweisung von 1.000,00 Euro an ACCS als Vorschuss auf die Finanzierung des Senders. Leider ließen sowohl die Genehmigung der ANATEL als auch die Gutschrift des überwiesenen Geldes noch länger auf sich warten. ACCS bekam das Geld schließlich erst im Februar 2004 ausgezahlt. Etwa zu diesem Zeitpunkt wurde bekannt, dass die technische Beschreibung ein weiteres Problem im Genehmigungsverfahren offen gelegt hat: Der Standort des 30 Meter hohen Sendeturms könnte den kleinen Flugplatz in Sobradinho beeinträchtigen, was zunächst von der Behörde für Flugsicherung überprüft werden muss. Die schier endlose Geschichte der Konzession setzt sich also noch in das Jahr 2004 fort. Wie schnell dieses jüngste Hindernis überwunden wird und wie viele noch auftauchen werden, ist nach dieser Vorgeschichte nicht einzuschätzen. Wir haben aber immer noch die Hoffnung, dass das Radio Sao Francisco tatsächlich im Laufe des Jahres 2004 auf Sendung geht.
Stiftung Antonita Bandres
Der Vorgang der amtlichen Eintragung und Anerkennung der Stiftung kommt nur langsam voran. Neben den bürokratischen Hürden stellt die Finanzierung der für die Anerkennung nötigen Gebühren und Honorare ein Problem dar. Der größte Schritt ist aber die formale Anerkennung des Stiftungskapitals in Form der beiden Grundstücke (Creche Gente Valente und Casa Antonita). Beim Grundstück des Casa Antonita gibt es Unsicherheiten bzgl. der Grundbuch-Eintragung. Eventuell ist der Zukauf des Anrainergrundstücks ratsam. Globale Nachbarschaft hat eine direkte finanzielle Hilfe für die bürokratische Anerkennung gewährt und eine Unterstützung beim Kauf des Grundstücks für das kommende Jahr in Aussicht gestellt.
In der Kindertagesstätte „Gente Valente“ muss die FAB den Bereich der Kinderkrippe dringend sanieren und erweitern. Staatliche Auflagen könnten sonst zu einer Schließung dieses wichtigen Teils der Einrichtung führen. Zum Ende des Jahres 2003 lagen erste Pläne für den Umbau vor, die aber noch einer Überarbeitung bedürfen. Im Laufe des Jahres 2004 soll der Umbau beginnen.
Das Sozialzentrum für Mädchen Casa Antonita möchte für die Mädchen einen Computerkurs und weitere Möglichkeiten einer Arbeit mit Computern anbieten. Die Einrichtung sucht Partner zur Beschaffung von drei oder vier PCs, Einrichtung eines Computerraums und Durchführung von Kursen für einen Teil der Mädchen. Diese sollen dann ihr Wissen den anderen weitergeben und die Arbeit am Computer als kleine Dienstleistung für die Bevölkerung in Sobradinho anbieten.
Verein für Bienenzucht
Während des Aufenthalts in Sobradinho haben die Mitglieder von GN mit einer Reihe von Leuten gesprochen, die selbst eine Bienenzucht betreiben oder betreiben wollen und dazu nach einer gemeinschaftlichen Organisation suchen. Die Aussichten für eine solche Produktion sind in der Region von Sobradinho günstig. Sollte es eine entsprechende Gemeinschaft von Produzenten geben, will GN diese unterstützen. Allerdings sind dazu noch eine Reihe von Voraussetzungen vor Ort zu schaffen, insbesondere die Gründung eines geeigneten Vereins oder einer Genossenschaft. Konkrete Schritte sind diesbezüglich im Jahr 2003 noch nicht erfolgt.
Garrafao, Brasilien
Partnerschaft mit der APEAEFA allgemein
Durch den Besuch von Jaap Evertse, Guido Hinz und Anna Wienhard in Garrafao im August 2003 wurde die Zusammenarbeit mit der APEAEFA durch Gespräche über die Zusammenarbeit gefestigt und fand in der Folge durch die ersten Projektvorhaben konkretere Umsetzung als in den vergangenen Jahren.
Insgesamt hat GN gemeinsam mit der APEAEFA 2003 mit der Realisierung von Projekten in einem Umfang von RS 22.183,59 (ca. 6.750,00 Euro) begonnen.
Die konkreten Vorhaben werden im folgenden im Einzelnen beschrieben:
Zum Ende des Jahres 2003 musste die APEAEFA ein neues Direktorium wählen und aufgrund von Änderungen des brasilianische Codigo Civil auch die bisherige Satzung ändern (liegt GN vor).
Ökologischer Kaffeeanbau und Verarbeitung
Während des Aufenthaltes der Vertreter von GN in Garrafao wurden die bereits begonnene ökologische Kaffeeanpflanzung in der EFA besichtigt und die weitere Planung zum Ausbau der Pflanzung, ihrer Pflege und der Einrichtung einer kleinen Verarbeitungsanlage (Waschen, Schälen und Trocknen) zur Qualitätssicherung des Kaffees mit den zuständigen Agrartechnikern/Agronomen der EFA, sowie mit Vertretern der APEAEFA diskutiert. Dabei wurde vor allem auch Wert auf die Einbeziehung der Kleinbauern gelegt.
Als Beispiel wurde die Kaffeepflanzung und Verarbeitungsanlage des Kleinbauern und Agrarsekretärs in Santa Maria de Jetibá besichtigt. Basierend auf diesen Gesprächen legten die beiden für die Kaffeepflanzung verantwortlichen Mitarbeiter der EFA zur MV von GN am 14.9.2003 einen Projekt- und Kostenplan zum Ausbau und zur Pflege der Kaffeeanpflanzung und zum Aufbau der Verarbeitungsanlage vor.
Entsprechend dieses Planes stellte die MV der APEAEFA RS 14.894,89 (ca. 4.500 Euro) der im Rahmen des am 7.7.2002 gefassten Beschlusses bewilligten Mittel für den Ausbau des ökologischen Kaffeeanbaus in der EFA zur Verfügung. Die ersten Arbeiten an der Kaffeepflanzung wurden bereits umgesetzt. Die zur Verarbeitung des Kaffees notwendigen Maschinen (Wasch- und Schälmaschine) wurden von der APEAEFA bereits angeschafft.
Ausbau der hauswirtschaftlichen Ausstattung
Der Aufbau einer kleinen Backstube für die tägliche Brotversorgung der etwa 230 Schüler der EFA wurde während des Besuches der Vertreter von GN in Garrafao mit Vertretern der APEAEFA konkret diskutiert. Gemeinsam wurde ein Raum in einem kleinen Haus nahe des Brotofens besichtigt, in dem die Backstube eingerichtet werden soll. Zusätzlich wird ein zweiter Brotofen gebaut werden. Die Backstube wird nur der Versorgung der Schüler und eventuell ihrer Ausbildung dienen. Ein konkreter Kostenplan wurde von Vertretern der APEAEFA noch während des Besuches erstellt. Entsprechend diesem Kostenplan hat GN gemäß des Beschlusses der MV vom 7.7.2002 Gelder in Höhe von RS 5.000,00 (ca. 1.500 Euro) an die APEAEFA überwiesen.
Sicherung des Schulbetriebs
Im Jahre 2003 erhielten die Lehrer der EFA ihre Gehälter der MEPES für mehrere Monate erst um Monate verspätet ausbezahlt. Dies führte bei vielen der Lehrer zu finanziellen Engpässen und persönlichen Problemen. Für den Schulbetrieb hatte es erhebliche Nachteile, da mehrere Lehrer nach mehreren Monaten ohne Gehalt schlecht motiviert waren und einige ihre Stelle kündigten.
Um in solchen Fällen die finanziellen Engpässe zu überbrücken, hat die APEAEFA beschlossen, einen Hilfsfond auf Darlehensbasis einzurichten. Für diesen Hilfsfond wurden Richtlinien ausgearbeitet. GN hat auf der MV am 14.9.2003 beschlossen, diesen für die Sicherung des Unterrichts wichtigen Hilfsfond bis zum Ende des Jahres 2004 mit maximal 2500 Euro zu unterstützen entsprechend der Eigenmittel, die die APEAEFA selbständig für den Hilfsfond aufbringt. Ein Vorschuss der Unterstützung in Höhe von 700 Euro wurde an die APEAEFA überwiesen.
Am Ende des Jahres hatte sich die Besetzung der Lehrerstellen für das kommende Schuljahr (2004) wieder stabilisiert, so dass die EFA im Jahr 2004 mit einem vollbesetzten Lehrerkollegium beginnen kann. Eine traurige Konsequenz des Fehlens eines zweiten Agronoms in der EFA während vieler Monate im Jahre 2003 war, dass der Ausbildungsgang zum Agrartechniker im ökologischen Landbau, der in der Schule angeboten wurde, nicht bis zum Jahresende abgeschlossen werden konnte, sondern nun im Jahr 2004 noch fortgesetzt werden muss. Insbesondere kann deswegen 2004 nicht mit einem neuen Jahrgang im Ausbildungsgang begonnen werden.
Sonstige Vorhaben
Die verantwortlichen Mitarbeiter der EFA legten einen Projekt- und Kostenplan für ein weiteres Projektvorhaben, zur Einrichtung einer ökologischen Caipira-Hühnerzucht vor. Die Hühnerzucht dient primär der Versorgung der Schule und der Ausbildung der Schüler, insbesondere der Schüler im Ausbildungsgang zum Agrartechniker im ökologischen Landbau. Nach Klärung einiger Rückfragen beschloss GN auf der MV am 01.11.2003 die Unterstützung dieses Projektes mit bis zu 800 Euro. Mittel für die Umsetzung des Projektes sollen im ersten Halbjahr des Jahres 2004 von GN aufgebracht werden, so dass hoffentlich noch 2004 mit dem Aufbau dieser Hühnerzucht begonnen werden kann.
Weitere gemeinsame Vorhaben im Bereich ökologische Landwirtschaft sollen zwischen Vertretern von GN und APEAEFA im Jahr 2004 diskutiert werden.
Afghanistan
Fortbildung von Grundschullehrern in Herat
In Bezug auf Afghanistan diente das Jahr 2003 der Abklärung, ob ein Engagement von GN in diesem Land unter den derzeitigen Bedingungen und in Übereinstimmung mit unseren Vorstellungen von Projektarbeit sinnvoll und durchführbar ist. Die intensive Auseinandersetzung innerhalb unseres Vereins mit der Situation der Menschen in Afghanistan hatte bereits im Jahr 2002 begonnen über den Kontakt zu dem Exilafghanen Hasan Hashemi, der auf einem weiteren Studientag über die Hintergründe informierte (siehe Abschnitt Veranstaltungen).
Die Idee, Bildungsmaßnahmen zu unterstützen, konkretisierte sich in zwei Projektvorhaben, von denen eines eine Fortbildung für Grundschullehrer und Grundschullehrerinnen in der Stadt und Region Herat betraf, das andere die Anschaffung von Umdruckgeräten für Schulen zur Vervielfältigung von erstellten Materialien beinhaltete (siehe Tätigkeitsbericht 2002). Diese Überlegungen reiften in Zusammenarbeit mit ehemaligen Einwohnern von Herat, die heute als Flüchtlinge im Iran leben und der stellvertretenden Schulleiterin des Schulamtes in Herat. Allerdings wurde es immer schwieriger, Kontakt zu der Schulbehörde aufzunehmen, deren Kooperation mit uns die entscheidende Voraussetzung für eine Förderung darstellte, da wir auf diesen Partner vor Ort für eine gelingende Zusammenarbeit angewiesen sind.
Ausstattung von Schulen in der Provinz Badghis
Die auch auf widerholte Anfragen hin immer deutlicher werdende mangelnde Kooperationswilligkeit zwang uns schließlich dazu, von den oben genannten Projektideen Abstand zu nehmen und uns für die bereits eingegangenen Spenden von der evangelischen Kirchengemeinde Gummersbach nach einer Organisation umzusehen, die die Gelder im Sinne der Spender, also für Schulen in der Gegend um Herat einsetzt. Dabei sollte auch abgeklärt werden, ob über diese Organisation ein Kontakt zu den betroffenen Schulen möglich ist. Von den beiden Hilfsorganisationen World Vision und Help e.V., über die Informationen eingeholt wurden, wurde letztere ausgewählt, um mit dem dortigen Verantwortlichen für Projektarbeit in Afghanistan, Herrn Engelmann, Gespräche zu führen.
Help e.V. finanziert in erster Linie mit Spenden und Zuschüssen der Europäischen Union und der Bundesregierung Projekte der Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit in zahlreichen Ländern, darunter Albanien, Bosnien-Herzegowina, Tschetschenien, El Salvador, Mosambik, Irak und eben auch Afghanistan. In Herat und Umgebung wurden durch die Organisation zahlreiche Schulen gebaut und ausgestattet, um sie dann der zuständigen Behörde zu übergeben. Darüber hinausgehende Kontakte oder Projektzusammenarbeit entspricht nicht der Arbeitsweise dieses gemeinnützigen Vereins, scheint aber nach Einschätzung von Herrn Engelmann auch nicht den Interessen der zur Zeit dort Machthabenden zu entsprechen, die gerne Unterstützung bei der Verbesserung der schulischen Infrastruktur annehmen, aber jegliche inhaltliche Einflussnahme zurückweisen.
In dem Gespräch kristallisierte sich als sinnvolle Verwendung der Gelder heraus, die Finanzierung von Stühlen für von Help e.V. gebaute Grundschulen in der Nachbarprovinz Badghis (Stadt Quala-e-now) zu übernehmen. Mit Beschluss der MV vom 1.11.2003 wurden die gesamten bis dahin eingegangenen Spenden von 5.809,02 EUR auf das Konto von Help e.V. für diesen Zweck überwiesen. Da unter den genannten Voraussetzungen eine Zusammenarbeit mit Projektpartnern im Land zur Zeit nicht möglich erscheint, verfolgt GN keine weiteren Vorhaben in Afghanistan.
Öffentlichkeits- und Vereinsarbeit in Deutschland
1. Mitgliederversammlung im Haus der ESG, Bonn (02. Februar)
Schwerpunkte: Tätigkeits- und Kassenbericht sowie Entlastung des Vorstandes; Erläuterung und Aussprache zur Bilanzierung ausgewählter Buchungskonten; Beschluss zur Zweckbindung von Rücklagen; Vorstellung des Haushaltsplans 2003; Vorstandswahlen und Wahl der Kassenprüfer; Erörterung Stand und Perspektiven der Projektförderung in der EFA Garrafao (Kaffeeanbau und Hauswirtschaft) und einer Schule in Herat/Afghanistan (Lehrerfortbildung, Finanzierung von Umdruckmaschinen); Beschluss zur Beauftragung von Guido Hinz, anl. der im Sommer 2003 stattfindenden Brasilienfahrt mit den Partnern in Sobradinho laufende Projekte auszuwerten sowie mögliche Projekte im Bereich der Bildungsförderung und Existenzsicherung zu besprechen und zu planen; Beschluss zur Beauftragung von Anna Wienhard, anlässlich der im Sommer 2003 stattfindenden Brasilienfahrt mit den Partnern in Garrafao mögliche Projekte in den Bereichen Hauswirtschaft und ökologischer Landbau an der EFASJG zu besprechen und zu planen; Beschluss über die Zahlung eines Reisekostenzuschusses zur Durchführung der Brasilienfahrt an die o.g. Beauftragten; Ausblick auf Öffentlichkeitsarbeit und Seminare im Jahr 2003.
Seminarwochenende zum Thema „Gemeinschaftlich leben“ (16.-18. Mai)
Im Kloster der Herz-Jesu-Missionare in Hiltrup beschäftigten sich 13 Teilnehmer (außerdem 5 Kinder) mit den verschiedenen Formen gemeinschaftlichen Lebens.
Studientag zum Thema „Afghanistan“ in Aachen (28. Juni)
Zur Vorbereitung der anstehenden Entscheidung über die Verwendung der Spenden für eine Schule in Herat/Afghanistan informierten sich Mitglieder von GN gemeinsam mit Hasan Hashemi, einem aus Afghanistan stammenden Freund von Guido Hinz, über die politische und soziale Situation in Herat. Anknüpfend an die Inhalte des Studientages im Juni 2002 wurde insbesondere über das Regime Ismail Kahn, die Situation der Menschenrechte in der Provinz und die Situation der Bevölkerung, speziell im Bereich der Bildung gesprochen. Ferner wurden der Stand der Planungen bzw. Vorbereitungen und die Erfolgsaussichten des Projektes „Lehrerfortbildung“ und „Finanzierung Umdruckmaschinen“ sowie Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit einer vor Ort bereits tätigen Hilfsorganisation diskutiert.
2. Mitgliederversammlung im Haus der ESG, Bonn (14. September)
Schwerpunkte: Zwischenbericht zu den Vereinsfinanzen; Stand der Projektförderung in Herat/Afghanistan und Entscheidung, für die Weitergabe der eingegangenen Spendengelder eine geeignete, vor Ort tätige Hilfsorganisation zu suchen; Bericht von der Brasilienfahrt; Vorstellung möglicher Maßnahmen in Sobradinho (Computerkurs und Grundstückskauf Casa Antonita) sowie Garrafao (Weiterverarbeitungsanlage für den geernteten Kaffee, Aufbau einer ökologischen Hühnerzucht, Einrichtung eines Hilfsfonds zur Sicherung der Lehrergehälter) (Teil I) und Diskussion; Beschluss zur Bezuschussung der Legalisierung der Stiftung Antonita Bandres, Sobradinho; Beschluss zum Erwerb eines Nachbargrundstückes zur Casa Antonita, Sobradinho; Beschluss über die Bezuschussung eines Hilfsfonds zur Sicherstellung der für den Schulbetrieb in der EFA Garrafao erforderlichen personellen Ausstattung.
2. Mitgliederversammlung in Overath (01. November)
Schwerpunkte: Beschluss zur Übergabe der für Afghanistan eingegangenen Spendengelder an die Organisation Help e.V. zur Bestuhlung von Grundschulen um die Stadt Qala-de-now, Provinz Badghis; Entscheidung, bis auf weiteres keine weiteren Vorhaben in Afghanistan zu verfolgen; Vorstellung möglicher Maßnahmen in Sobradinho und Garrafao (Teil II) und ausführliche Diskussion (Computerkurs Casa Antonita, Bienenzucht, ökologische Hühnerzucht Garrafao); Berichte zu aktuellen Vorhaben in Brasilien (Umbau Kinderkrippe Sobradinho); Beschluss, eine Vorschusszahlung auf die Projektgelder des Radioprojektes Sao Francisco in das Ermessen des Vorstandes zu stellen; Festlegung von GN-Mitgliedern für die Arbeitsteilung in der Projektbetreuung.
Seminarwochenende zum Thema „Das Geschäft mit dem Wasser – Die Privatisierung der Grundwasserversorgung“ (28. – 30. November)
Im Kloster der Herz-Jesu-Missionare in Hiltrup beschäftigten sich 23 Teilnehmer (außerdem 6 Kinder) mit dem Problem der zunehmenden Privatisierung der Wasserversorgung, sowohl in den Ländern des Südens als auch des Nordens.
Vereinstreffen
Die monatlichen Vereinstreffen fanden das ganze Jahr hindurch im bewährten Rhythmus an Dienstagen bzw. Donnerstagen abends in wechselnden Privaträumen von Mitgliedern statt. Lediglich die Vereinstreffen November und Dezember fielen wegen der Nähe zur MV und zum Seminarwochenende aus. Die Themen hatten meist einen direkten Bezug zur aktuellen Vereinsarbeit. Mit Blick auf den kleinen in Frage kommenden Teilnehmerkreis wurde eine rege Beteiligung festgestellt. Die Idee, einen Teil der Abende in öffentlichen Räumen zu längerfristig bekannt gegebenen Themen zu veranstalten und damit insbesondere ein Angebot für Nichtmitglieder zu schaffen, wurde 2003 noch nicht verwirklicht.
Kontakte
Eine Beteiligung am Eine-Welt-Tag in Bonn am 12.10.2003 nebst vorangehender Ausstellung entfiel, da im Verein für diesen Termin und die Vorbereitung keine hinreichenden Personalkapazitäten zur Verfügung standen. Für eine mögliche Teilnahme am Eine-Welt-Tag 2004 ist geplant, eine Ausstellung zu Garrafao anzufertigen. Den Kontakt zum Ausrichter der Veranstaltung, dem Eine-Welt-Forum Bonn, den bisher hauptsächlich Anna Wienhard gehalten hat, werden nun Rolf Segadlo und Frauke Klöser wahrnehmen.
Die Gruppe Mandacarú, die praktisch nur noch aus einer Person besteht, führt keine Treffen mehr durch. Es gehen jedoch regelmäßig Informationen und Protestaufrufe per E-Mail ein.
Die kath. Kirchengemeinde Wachtberg, zu der Martina und Rolf Segadlo Kontakt halten, hat im Jahr 2003 ihren Eine-Welt-Abend ohne Einbeziehung von GN gestaltet. Die Gründe hierfür sind nicht bekannt.
Zur ev. Kirchengemeinde Gummersbach, die GN umfangreiche Spenden für Afghanistan gegeben hat, halten Guido Hinz und Hasan Hashemi Kontakt.
Den Kontakt zur „Initiative Teilen“ im Cusanuswerk, bei der es sich ebenfalls um einen bedeutenden Unterstützer für unsere Arbeit handelt, halten Sabine Wolters und Michael Roesgen.
Den Kontakt zur Eine-Welt-Gruppe Wachtendonk, in der ein Fördermitglied von GN tätig ist, ist rege.
Auch zur kath. Kirchengemeinde Wachtendonk, die zur kath. Gemeinde Sobradinho eine Gemeindepartnerschaft unterhält, wird über Guido Hinz Verbindung gehalten. Wo sich Möglichkeiten ergeben, erfolgt eine direkte Zusammenarbeit.
Die kath. Jugend der Kirchengemeinde Hoffnungsthal/Forsbach macht regelmäßig im Advent eine Verkaufsaktion zugunsten der Kindertagesstätte in Sobradinho. Kontaktpersonen von GN sind Martin und Maria Büscher.
Publikationen
Im März 2002 erschien die dritte Ausgabe der Vereinszeitung „Globale Nachbarschaft“, die sich mit dem Themenschwerpunkt „Kinderbetreuung in Brasilien: Die Kindertagesstätte Gente Valente“ beschäftigt. Einen weiteren wesentlichen Teil des Heftes nimmt der Bericht über den Besuch von Paulo Ferreira und Padre Joao aus Sobradinho in Deutschland ein. Mit 28 Seiten entspricht das Heft dem Umfang der beiden in den Vorjahren erstellten Ausgaben.
Die beiden weiteren geplanten Ausgaben zu Garrafao und Sobradinho mit den Eindrücken von der Brasilienfahrt werden auf 2004 verschoben.
im Original gez. Guido Hinz, Vorsitzender Bonn, den 04. März 2004