Jahresbericht 2004 des Vorstandes von Globale Nachbarschaft e.V.
Der folgende Bericht erläutert die wesentlichen, insbesondere geschäftlichen Tätigkeiten, die der erweiterte Vorstand bestehend aus Guido Hinz, Maria Büscher und Frauke Klöser im Jahr 2004 im Auftrag der Mitgliederversammlung ausgeführt hat. Der Bericht ergänzt den Finanzbericht für das Jahr 2004.
Die sehr positiven Erwartungen, die 2003 durch die neue brasilianische Regierung unter Präsident Lula und die vielen Kontakte während des Besuches einer Gruppe von Vereinsmitgliedern in Brasilien geweckt worden waren, haben sich für unsere Vereinsarbeit im Jahr 2004 leider nur teilweise erfüllt.
Sehr hinter den Erwartungen zurück geblieben ist der positive Einfluss der Regierung Lula auf die Genehmigung des Bürgerradios in Sobradinho, dessen Aufbau wir nach wie vor unterstützen. Die Bürokratie scheint immer noch genauso träge wie in den Jahren zuvor und bietet alle sechs Monate eine neue Hürde für unsere brasilianischen Partner im Verein ACCS (Verein für gemeinschschaftliche Kommunikation in Sobradinho). Im Jahr 2004 war es zuerst der 30 Meter hohe Sendeturm, der den Flugverkehr auf der kleinen Landepiste Sobradinhos stören könnte. Nachdem dies bei der Flugsicherungsbehörde ausgeräumt war, wurden von der Kommunikationsbehörde neuerliche Änderungen in der Satzung von ACCS gefordert. Nun warten wir mit ACCS immer noch auf die Veröffentlichung der Sendegenehmigung. Infolge dieser Stagnation konnten 2004 keine weiteren Gelder für das Projekt eingesetzt werden. Die Gelder aus dem Vorjahr hat ACCS inzwischen für den Bau des Sendeturms, die Vorbereitung des Studiogebäudes und das Genehmigungsverfahren ausgegeben. Bis auf Weiteres halten wir die gesammelten Gelder in einer Rücklage bereit, denn sobald die Genehmigung veröffentlicht wird, hat ACCS nur sechs Monate Zeit, um Studio und Sendeanlage zu beschaffen und in Betrieb zu nehmen.
Die Landwirtschaftliche Familienschule in Garrafao hat immer noch sehr unter der Unregelmäßigkeit der staatlichen Zahlungen für die Lehrergehälter zu leiden. Bisweilen sind sie mehr als drei Monate im Rückstand. Hier ist allerdings nicht die Bundesregierung in Brasilia, sondern die des Bundesstaates Espírito Santo verantwortlich. Für den Aufbau eines Hilfsfonds der APEAEFA, aus dem bei Rückständen den Mitarbeitern ein Teil der fehlenden Gehaltszahlungen auf Darlehensbasis gewährt wird, leistet GN einen Zuschuss. Im Jahr 2004 wurde allerdings kein weiterer Beitrag hierfür ausgezahlt, da die Höhe des Eigenbeitrags der APEAEFA, von dem unser Zuschuss abhängt, noch nicht feststand.
Trotz der personellen Schwierigkeiten macht die Schule große Fortschritte im Bereich des ökologischen Landbaus. Ihre Kaffeepflanzung konnte die Schule dank unserer Hilfe in den letzten zwei Jahren erweitern und eine kleine Anlage zur Verarbeitung der Ernte in Betrieb nehmen. Für die weitere Pflege der Kaffeepflanzung bis zur ersten größeren Ernte in zwei Jahren waren 2004 keine zusätzlichen Gelder erforderlich, was aber 2005 durchaus der Fall sein könnte. Die bestehende Rücklage soll für diesen Zweck erhalten bleiben.
Die Mitarbeiter der EFA haben außerdem 2004 den Aufbau einer organischen Hühnerzucht begonnen, für die wir im November die finanziellen Mittel an den Träger APEAEFA überwiesen haben. Die Mitarbeiter streben für das Jahr 2005 an, das gesamte Gelände der Schule samt Tierhaltung als ökologisch geführten Betrieb zu zertifizieren. Des weiteren gehört zum ökologischen Konzept eine Baumschule für Obstkulturen, deren Aufbau für 2005 vorgesehen ist.
Die Stiftung Antonita Bandres (FAB) ist zur Zeit unser wichtigster Partner für soziale Projekte in Sobradinho. Für die vollständige Anerkennung der Stiftung von staatlicher Seite waren 2004 noch einige Schritte erforderlich. Insbesondere musste die Stiftung dazu ihr Eigenkapital in Form von Grundstückseigentum nachweisen und registrieren lassen. Für künftige Erweiterungen des Casa Antonita hatte der Vorstand der Stiftung bereits 2003 entschieden, ein Nachbargrundstück der Einrichtung zu erwerben. Wegen Unregelmäßigkeiten bei der Eintragung der Grundstücksgrenzen im Zuge des Verkaufs durch den Vorvorbesitzer war der Kauf des Nachbargrundstücks außerdem Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Registrierung des bestehenden Grundstücks als Stiftungskapital. Daher stellte GN im April 2004 einen Betrag für den Kauf des Grundstücks und die Registrierung zur Verfügung. Bei der ersten Überweisung vom April gab es Schwierigkeiten bei der Abwicklung durch die brasilianische Bank. Die Mitteilung der Bank aus Salvador erreichte die FAB auf postalischem Weg erst so spät, dass deren Vorstand das Geld nicht mehr rechtzeitig abrufen konnte und eine erneute Überweisung im August notwendig wurde.
Gut voran kommen die Umbauarbeiten für die Kinderkrippe der Kindertagesstätte „Gente Valente“ in Sobradinho. Bis November 2004 hat der Träger, die FAB, mit dem von uns im September zur Verfügung gestellten Betrag in Höhe von 2.500 EUR und Beiträgen der örtlichen Kirchengemeinde die neuen sanitären Anlagen für die Kindertagesstätte fertig gestellt. Mit der Fertigstellung war es möglich, Ende des Jahres den Abriss der alten Anlagen zugunsten einer Erweiterung des dringend benötigten Krippenbereiches zu beginnen. Für den noch im Januar 2005 beginnenden Aus- und Umbau der Krippe haben wir im Dezember einen größeren Teilbetrag in Höhe von 4.000 EUR an die FAB überwiesen. Im Laufe des Frühjahrs 2005 wird die Stiftung voraussichtlich weitere Mittel brauchen, um die Kinderkrippe voll in Funktion zu nehmen, wofür die Mitgliederversammlung von GN bereits Geld bewilligt hat.
Andere Projekte in Sobradinho, die bei dem Besuch 2003 ins Auge gefasst worden waren, konnten wir 2004 noch nicht fördern. Bei der Räucherei für Fisch und Fleisch und bei den landwirtschaftlichen Projekten in zwei Dorfgemeinschaften ist eine Verwirklichung noch gar nicht absehbar. Die FAB beabsichtigt weiterhin die Einrichtung eines Computerkurses im Casa Antonita, einem Sozialzentrum für Mädchen in der Trägerschaft der FAB. Im Jahr 2004 ist es noch nicht gelungen, ein tragfähiges Konzept für die Organisation des Kurses und die nötige Ausstattung, sowie für die fachkundige Begleitung aufzustellen. Für 2005 bestehen gute Aussichten, dass das Projekt beginnen kann.
Immer noch im Gespräch ist die Unterstützung des Vereins AAPIS (Verein für Imkerei in Sobradinho) beim Aufbau einer Imkergemeinschaft, deren größere Produktion später eine regionale oder sogar überregionale Vermarktung von Honig gestatten soll. Die Arbeit von AAPIS ist aufgrund der Lähmung vieler Bereiche des öffentlichen Lebens vor und nach den Kommunalwahlen im Oktober 2004 kaum voran gekommen. Der Kontakt über Péricles Matos besteht aber noch und könnte 2005 in eine Zusammenarbeit führen.
Die Förderung von Schulprojekten in Afghanistan durch GN ist Ende 2003 abgeschlossen worden. Weitere Spenden, die dafür im Jahr 2004 eingegangen sind, konnten wir daher nicht einsetzen und haben sie den Spendern der Evangelischen Kirchengemeinde in Gummersbach zurück überwiesen.
Die Öffentlichkeitsarbeit von Globale Nachbarschaft war 2004 gegenüber dem Vorjahr weiter reduziert und beschränkte sich, abgesehen von der Präsenz im Internet, auf ein Seminar zum Thema „Globalisierung der Information“ und einen Spendenaufruf zugunsten der Hühnerzucht in Garrafao. Die Reduzierung ist einerseits auf die zunehmende berufliche und familiäre Belastung der Aktiven im Verein zurück zu führen, andererseits haben diese sich dazu entschlossen, das bisherige Konzept der gebundenen Zeitungen aufzugeben und stattdessen eine Sammlung kombinierbarer Themenblätter aufzubauen und kontinuierlich zu erweitern. Dies soll 2005 verwirklicht werden.
2004 fanden drei ordentliche Mitgliederversammlungen von Globale Nachbarschaft e.V. statt: im März, im Mai und im September, jeweils in Bonn.
im Original gez. Guido Hinz, Vorsitzender Bonn, den 07. März 2005