Den Kontakt zur landwirtschaftlichen Familienschule (EFA) in Garrafão erhielten wir bereits 1997 durch den Leiter der Schule und ev.-luth. Pfarrer der Gemeinde Garrafão, den Brasilianer Siegmund Berger.
Gründung des Ortes
Der Ort São João de Garrafão befindet sich im Landesinneren des brasilianischen Bundesstaates Espírito Santo. Vor etwa 150 Jahren kamen pommerische Einwanderer, die durch falsche Versprechungen angelockt worden waren, in diese Gegend. Um zu überleben, mussten sie dem Urwald bebaubares Ackerland abgewinnen.
Bis heute sind über achtzig Prozent der Einwohner Nachfahren der Pommern und einiger ebenfalls eingewanderter Niederländer. In ihrem Gepäck brachten die Einwanderer damals die Bibel, das Gesangbuch und den lutherischen Katechismus mit und bewahren diese bis heute. Die evangelische Kirche war und ist die bestimmende Instanz, die Struktur und Organisation, aber auch Zusammenhalt in der Region schafft. Außer der Landwirtschaft gibt es in der Gegend nur wenige Erwerbsquellen, wenn man nicht in die größeren Städte auswandern möchte. In den zerstreut zwischen bewaldeten Hügeln liegenden Dörfern leben die Menschen daher überwiegend von kleinbäuerlicher Landwirtschaft auf ihrem eigenen Feld.
Gründung der EFA Garrafão
Als Pfarrer Siegmund Berger nach Garrafão kam, gab es für die Jugendlichen in den Dörfern kaum die Möglichkeit, eine über die Grundschule hinausgehende Schulausbildung zu erhalten. Angeregt von schon bestehenden Familienschulen in Espírito Santo gründete er 1989 zusammen mit den Kleinbauern der Dorfgemeinschaften die EFA Garrafão, übernahm die Leitung der Schulung und konnte einige Mitarbeiter aus den Dörfern als Lehrer gewinnen.
Träger der EFA Garrafão
Die Trägerschaft der Schule übernahm ein Verein von Eltern sowie von ehemaligen und heutigen Schülern. Die Schüler und Schülerinnen verbringen jeweils eine Woche in der EFA und eine Woche in ihren Familien. Neben den regulären Fächern erhalten sie in der Schule auch theoretischen und praktischen landwirtschaftlichen Unterricht. Durch den Internatsbetrieb wird den Schülern aus entfernter liegenden Dörfern der Schulbesuch erst ermöglicht; die Eltern und Dorfgemeinschaften werden in die Arbeit der Schule eingebunden. Seit 2003 können die Schüler an der EFA nicht nur die mittlere Reife, sondern auch das Abitur erwerben.
Personeller Neubeginn
Nach dem Weggang Siegmund Bergers 2008 gab es in der EFA Garrafão erhebliche personelle Engpässe, die auch den Kontakt zu Globale Nachbarschaft beeinträchtigten. Die zunächst kommissarisch eingesetzte Schulleiterin, die Lehrerin Leonora Boone, zugleich Mitglied im Vorstand des Trägervereins, wurde schon nach kurzer Zeit an eine andere Schule versetzt. Ihre Nachfolge trat die hauptamtliche Schulleiterin und Lehrerin für Mathematik und Musik, Eleninha Schulz Peixoto, an. Inzwischen ist Leonora als Teilzeit-Lehrerin an die EFA zurückgekehrt und kümmert sich hauptverantwortlich um den Kontakt zu Globale Nachbarschaft. Dieser hat sich seither erheblich verbessert.
Neuer Projektpartner, die Elternpflegschaft der Viktoriaschule Aachen
Ein funktionierender Austausch zwischen der Schule und Globale Nachbarschaft ist auch deshalb besonders wichtig, weil es seit 2008 eine Projektpartnerschaft zwischen der Elternpflegschaft der Viktoriaschule Aachen und der EFA in Garrafão gibt. Diese kam auf Anregung eines Mitglieds von Globale Nachbarschaft zustande, das Lehrerin an der Viktoriaschule ist. Eine inzwischen 8-köpfige Brasilien-AG sorgt mit einer selbstgefertigen Ausstellung und anderen Aktionen an der Viktoriaschule dafür, dass das Projekt bekannt wird und ein reger Briefwechsel mit den Schülern und Schülerinnen der EFA Garrafão stattfindet. Zudem ermöglichen eigens entwickelte Unterrichtsstunden einen altersgemäßen Zugang zur Thematik. Die Kollekten bei Schulgottesdiensten sowie die Einnahmen anlässlich von Weihnachtskonzerten und Schulfesten werden ganz oder teilweise der EFA in Garrafão zur Verfügung gestellt. Die Projektpartnerschaft der Elternpflegschaft der Viktoriaschule wird von Globale Nachbarschaft unterstützt.