Eine kleine Gruppe des Einhard-Gymnasiums machte sich im April 2006 auf den Weg nach Brasilien um im Sozialzentrum Casa Antonita ein Computernetz einzurichten und einen Kurs für die Mädchen dort durchzuführen…
„Wir möchten so gerne einmal einen Computerkurs machen!“ Das sagten die meisten der Mädchen auf meine Frage nach ihrem größten Wunsch. Ein kleines Tor zur modernen Gesellschaft, etwas mehr Wissen und gute Voraussetzungen für den Start ins Berufsleben – so die Hoffnung der Mädchen, die bis dahin Computer nur aus der Ferne kannten. Das war im August 2003, als ich zu Besuch in der Casa Antonita war. Gemeinsam mit dem Träger, einer kleinen örtlichen Stiftung, überlegte ich, wie sich dieser schon lange gehegte Wunsch in die Praxis umsetzen ließe.
Doch es blieb noch über Jahre ein Wunsch. In Sobradinho gab es weder die Ausstattung für einen solchen Kurs noch einen geeigneten Lehrer. Die Unterstützung der Schüler des Einhard-Gymnasiums kam da gerade richtig. Die ersten Spenden legten den Grundstock für die Einrichtung eines kleinen Computernetzwerkes. Doch wer könnte das vor Ort einrichten? Wo gab es einen Lehrer, der bereit war die Mädchen zu unterrichten?
Vor dem Flohmarkt im Juni 2005 hatte sich eine kleine Brasilien-AG formiert und ein Faltblatt, Plakate und sogar einen Film erstellt. Kurz vor den Sommerferien stellte ich den Mitgliedern einen kühnen Plan vor: Wir selbst könnten nach Brasilien reisen, das Computernetz aufbauen und den ersten Kurs mit den Mädchen durchführen. „Wie soll das gehen? Wir können die Sprache gar nicht? Reichen unsere Computerkenntnisse?“ Viele Hürden, aber wir ließen uns nicht abschrecken. Drei Schülerinnen und ein Schüler aus den Stufen 8 bis 10 machten mit. Ab Oktober bereiteten wir uns vor, indem wir mit brasilianischen Programmversionen übten, Anleitungen formulierten, etwas Portugiesisch sprachen und Testcomputer mit Linux installierten.
„Vamos!“ hieß es im April 2006. Mit zwei Tagen Zwischenstopp in Salvador da Bahia reisten wir nach Sobradinho – und wurden von den Mädchen und der ganzen Gemeinde mit überschwänglicher Herzlichkeit empfangen.
Bevor die Arbeit mit dem Computerkurs richtig losging, durften wir erstmal mit den Mädchen tanzen, feiern und Völkerball spielen. Nach ersten Schwierigkeiten mit inkompatiblen Mäusen und zu großen Steckern lief unser kleines Linux-Netzwerk wie am Schnürchen und die Mädchen konnten endlich ran. An zehn Tagen mit drei Gruppen parallel zeigten wir den Brasilianerinnen, was Maus, Menü und Fenster sind, wie man Texte und Tabellen erstellt und im Internet Seiten findet sowie E-Mails verschickt.
Es begann mit Händen und Füßen, dann half unsere stetig wachsende Liste mit den wichtigsten Redewendungen für den Kurs. Lisa, eine unserer Schülerinnen, und ich übersetzten, so viel eben möglich war. Schließlich waren alle erstaunt, wie viel wir bei all den Schwierigkeiten doch vermitteln und noch dazu selbst lernen konnten. Neben den Mädchen erhielten auch einige der Mitarbeiter der Casa und der zugehörigen KiTa einen Kurs von uns. Vor allem Renaldo Silva hat sich als Betreuer in das bisher unbekannte Linux eingearbeitet. Dank der Fernwartung vom Einhard aus läuft das Linuxsystem mit seinen fünf Arbeitsplätzen bis heute stabil.